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BGH: Prospekthaftung bleibt weiter möglich

Anleger warten seit vielen Jahren bei Prospekthaftungsklagen auf eine endgültige Entscheidung. Umso bedauerlicher ist es, dass der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) am 22. März 2023 in dem Verfahren zum Aktenzeichen II ZR 56/21 bekannt geben musste, dass hierüber derzeit nicht entschieden werden kann. Die beklagten Gesellschaften hatten die Revision zurückgezogen. Anleger dürfen weiter hoffen.

Uneinigkeit zweier BGH-Senate

Konkret geht es um die Uneinigkeit zweier BGH-Senate. Vorausgegangen war ein Verfahren, in dem den Klägern Schadensersatz zugesprochen wurde, weil Gesellschaften ihre Anleger im Vorfeld des Vertragsschlusses nicht ausreichend über kapitalmäßige beziehungsweise personelle Verflechtungen aufgeklärt haben.

XI. Zivilsenat: Haftung ausgeschlossen

Nach Auffassung des XI. Zivilsenats des BGH schließt die spezialgesetzliche Prospekthaftung gemäß den § 13 Verkaufsprospektgesetz (VerkProspG), §§ 44 ff. Börsengesetz (BörsG) in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung die vorvertragliche Haftung gemäß §§ 311, 241, 280 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aus. Auf Prospektmängel kommt es dann nicht mehr an. Der Anleger geht also leer aus.

II. Zivilsenat: Schadensersatzansprüche bestehen

Der anlegerfreundliche II. Zivilsenat ist hingegen der Meinung, dass neben der spezialgesetzlichen Haftung aus dem VerkProspG und BörsG auch die allgemeine zivilrechtliche Haftung anwendbar ist. Der Anleger darf in dem Fall auf Schadensersatz hoffen.

Anleger gewinnen kampflos – BGH darf (noch) nicht entscheiden

Weil die beklagten Gesellschaften keine negative Grundsatzentscheidung riskieren wollten, nahmen sie die Revision noch vor dem Verhandlungstermin am 21. März 2023 zurück. Für die klagenden Anleger bedeutet dies, dass sie die letzte Etappe ihres langen Rechtsweges kampflos für sich entscheiden konnten. Die grundsätzliche Haftungsfrage bleibt damit ungeklärt. Das könnte sich aber bald ändern, denn weitere Verfahren sind anhängig (Aktenzeichen: II ZR 57/21, II ZR 58/21 und II ZR 59/21). Können sich die beiden Senate des BGH nicht einigen, hat der Große Senat für Zivilsachen das letzte Wort.

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