Das Landgericht Mühlhausen hat einem Anleger, dem durch eine Beraterfirma ein Nachrangdarlehen von Autark als lukrative Geldanlage vermittelt worden ist, mit Urteil vom 15. Juni 2021 Schadensersatz in Höhe der beantragten Anlagesumme zugesprochen. Die von der Kanzlei JACKWERTH Rechtsanwälte erstrittene Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Der aktuelle Fall
Im Jahr 2014 schloss der klagende Anleger auf Vermittlung einer Beraterfirma ein Nachrangdarlehen mit der Autark Vertrieb- und Beteiligung GmbH mit einer Laufzeit von 15 Jahren, die mit 9 Prozent pro Jahr verzinst werden sollte. Der Kläger zahlte zunächst einen Eröffnungsbetrag von 1.800,00 Euro, ein Agio von weiteren 495,00 Euro sowie anschließend monatliche Sparraten von 100 Euro in die Anlage ein. In 2017 kündigte er seine Anlage, erhielt sein eingezahltes Darlehen trotz Aufforderung nicht zurück.
Bei Nachrangdarlehen handelt es sich um Verträge, bei denen der Darlehensgeber (Anleger) dem Darlehensnehmer (Autark) Kapital gewährt und ihm als Gegenleistung die Rückzahlung mit einer Verzinsung versprochen wird.
Man unterscheidet zwischen einfachem und qualifiziertem Darlehen. Während es bei einer einfachen Nachrangklausel nur um ein Verteilungsregelung für den Insolvenzfall handelt, vereinbaren die Parteien bei einer qualifizierten Klausel, dass die Forderungen des Darlehensgebers auch dann nicht bedient werden, wenn die Rückzahlung einen Insolvenzgrund herbeiführen würde. Somit handelt es sich bei dem qualifizierten Nachrangdarlehen um hochriskante Anlagen.
Im vorliegenden Fall war nicht nur eine einfache, sondern die riskante Variante einer qualifizierten Nachrangabrede getroffen worden.
Ausweislich Finanztest Stiftung Warentest vom 14. Februar 2017 haben sich rund 3.600 Anleger mit Nachrangdarlehen an der Autark-Gruppe beteiligt. Von dem Anlegergeld von insgesamt 135 Millionen Euro sollen lediglich 31 Millionen eingezahlt worden sein. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft Dortmund gegen den Initiator wegen Betruges.
Vermittler verstößt gegen die Plausibilitätsprüfungspflicht
Das Landgericht in Mühlhausen verurteilte den Vermittler zum Ersatz des vollen Schadens. Es warf dem Vermittler zunächst vor, dass er die geforderte Plausibilitätsprüfung des Anlagekonzepts nicht durchgeführt habe. Hätte er eine derartige Prüfung anhand des Beteiligungsexposés durchgeführt, dann hätte er zur Erkenntnis gelangen müssen, dass die von ihm vermittelte Anlageform nicht plausibel ist. Die Investitionsobjekte standen nicht fest und das Anlegerkapital geht zunächst in das Gesellschaftsvermögen der Emittentin über. Das Gericht stellte fest, dass für den Anleger völlig offen und nicht ersichtlich sei, worin genau das Geld investiert werde. Der Anleger habe somit keine Chance gehabt, abzuschätzen, welches Risiko er eingehe. Ohne erkennbare Anlagestrategie sei es damit erst recht nicht erkennbar wie eine dauerhafte Verzinsung von 9 Prozent erzielt werden könne.
Keine Aufklärung über die Nachrangklausel
Darüber hinaus wies das Gericht auf das besonders hohe Risiko der Autark-Anlage im Zusammenhang mit der qualifizierten Nachrangabrede hin. Der Anlagevermittler hätte den Anleger darüber aufklären müssen. Dies sei vorliegend nicht geschehen, so dass auch insoweit eine Schadensersatzpflicht ausgelöst werde. Das Gericht nahm dabei auch Bezug auf eine wegweisende Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 01. Oktober 2019, Aktenzeichen VI ZR 156/18.
Das Gericht bestätigte, dass es sich bei Nachrangdarlehen um eine risikoreiche Anlageform handle. Denn der Verlust des gesamten Geldes sei jederzeit möglich. Mit einer solchen Nachrangabrede erhalte der überlassene Betrag den Charakter von Risikokapital. Das könne dazu führen, dass sämtliche Ansprüche des Darlehensgebers aus dem Darlehen dauerhaft nicht durchsetzbar sind. Zugleich bewirke sie eine Wesensänderung einer Geldhingabe vom bankgeschäftypischen Darlehen mit bedingter Rückzahlungsverpflichtung hin zur unternehmerischen Beteiligung mit eigenkapitalähnlicher Haftung. Dem Darlehensgeber werde ein unternehmerisches Verlustrisiko auferlegt, ohne dass ihm zugleich Informations- und Mitwirkungsrecht eingeräumt werden. Dem Anleger sei im Ergebnis das gesamte angelegte Geld zu ersetzen.
Besonders brisant: Während die Annahme einfacher Nachrangdarlehen eine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bedarf, bedarf die Annahme qualifizierter Nachrangdarlehen einer solchen Erlaubnis nicht, da es sich hierbei um kein Einlagengeschäft gemäß § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Kreditwesengesetz (KWG) handelt. Das heißt, für das risikoärmere Anlagegeschäft wird eine Erlaubnis benötigt, für das risikoreichere nicht.
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