Österreich macht nicht nur durch seine Berglandschaft von sich reden. Ein Anleger, der sich an Wiener Genussrechten beteiligte, kann sich nach Ausübung seines Widerrufsrechts über 8.833,17 Euro nebst Zinsen freuen. Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe sprach ihm jetzt diesen Anspruch zu (Urteil vom 6. April 2023, Aktenzeichen: 14 U 63/21). Gut für den Anleger, denn die Genussrechte liefen zuletzt nicht gut.
Genussrechtsbeteiligung in Österreich
Die Anlageentscheidung liegt schon viele Jahre zurück. Bereits am 30. August 2007 zeichnete der Anleger eine Beteiligung an Genussrechten an dem Fund einer österreichischen Aktiengesellschaft über 12.000 Euro. Er zahlte einmalig ein Aufgeld von 840 Euro sowie Raten in Höhe von insgesamt 6.213 Euro.
Wertlose Aktien statt Genussrecht?
Im Dezember 2017 kündigte der Anleger die Beteiligung zum 31.12.2019. Noch während der langen Kündigungsfrist wechselte die ursprünglich österreichische Gesellschaft die Rechtsform und verschmolz Ende 2018 mit einer englischen Limited. Nach der Verschmelzung informierte die Gesellschaft den Anleger, dass er nun automatisch Aktionär geworden sei. Der erzürnte Anleger kündigte am 20. August 2019 seine Beteiligung erneut – diesmal fristlos – und erklärte den Widerruf. Die Gesellschaft wollte das nicht akzeptieren. Sie war der Auffassung, dass aufgrund der Umwandlung der ursprüngliche Vertrag nicht mehr existiere. Das englische Recht kenne ohnehin keine Genussrechte und einen Widerruf von Aktien gäbe es nicht. Selbst wenn ein Widerruf grundsätzlich möglich gewesen wäre, wäre dieser aufgrund der Zeitspanne von 12 Jahren seit der Zeichnung verwirkt worden.
OLG: Fehlerhafte Belehrung begründet ewiges Widerrufsrecht
Dies sah das OLG Karlsruhe anders und gab dem Anleger recht: Auch noch im Jahr 2019 konnte die 2007 abgeschlossene Beteiligung noch widerrufen werden. Mangels ausreichender Belehrung war die Frist nämlich noch nicht abgelaufen. Aus der Belehrung war weder ersichtlich, ab wann das Widerrufsrecht beginnen sollte, noch gab es einen ausreichenden Hinweis darauf, in welcher Form der Widerruf zu erfolgen hätte. Die fehlerhafte Belehrung führte zu einem ewigen Widerrufsrecht des Anlegers. Auch konnte das OLG keine Verwirkung des Widerrufs feststellen. Denn hierfür braucht es neben einem Zeit- auch einen Umstandsmoment, aus dem für die Gesellschaft berechtigterweise der Eindruck erwächst, dass das Widerrufsrecht nicht (mehr) geltend gemacht wird. Auf ein solches Vertrauen konnte sich die Gesellschaft vorliegend nicht berufen. Zudem kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass eine Genussrechtsbeteiligung nicht ohne Zustimmung des Anlegers in eine Aktienbeteiligung umgewandelt werden darf. Zusätzlich zu seinen Einzahlungen von 840 Euro und 6.213 Euro wurde dem Anleger Nutzungsersatz in Höhe von 1.780,17 Euro zugesprochen.
JACKWERTH Rechtsanwälte haben Erfahrung mit Genussrechten
Das Urteil ist für Anleger erfreulich und zeigt, dass im Einzelfall gute Chancen bestehen, Ansprüche geltend zu machen. Sollten auch Sie eine Rückforderung in Betracht ziehen oder wurde Ihnen eine solche mit Verweis auf fehlende Werte verweigert, sollten Sie schnell handeln.